Aprilscherze 2024
Hiermit stelle ich vier meiner diesjährigen Aprilscherze vor. Wenn ihr keinen bekommen habt, nicht traurig sein! Schickt mir doch eine Mail unter sabindemar@web.de, dann seid ihr nächstes Mal auch dabei. Oder hättet ihr vielleicht lieber einen anderen bekommen als den, den ich euch zugeschickt habe? Sagt Bescheid, dann kann ich euch nächstes Jahr hoffentlich besser zuordnen. Bitte habt Verständnis dafür, dass ich immer nur einen Aprilscherz pro Person verschicke.
Ihr dürft die Scherze auch gerne mit bis zu 10 Punkten bewerten, ich arbeite unermüdlich daran, meine Aprilscherze zu verbessern. Außerdem plane ich, ein Buch mit meinen gesammelten Aprilscherzen herauszugeben. Demnächst mehr dazu!
Liebe Grüße, eure Aprilfischerin Sabine de Martin Pescatore
1 Materialien gesucht!
Liebe Freund*innen,
einige von euch wissen ja bereits, dass wir unseren nächsten Urlaub in Neapel verbringen werden, und wir freuen uns schon sehr darauf! Allerdings brauchen wir für die Reise noch Zubehör und wollten uns deshalb an euch wenden.
Neapel ist bekannt für seinen eindrucksvollen Vulkan, der ein bis zwei Mal in 100 Jahren ausbricht. Der letzte Ausbruch ist 80 Jahre her. Zur Sicherheit haben wir eine Unterkunft in großzügigem Abstand zum Vesuv gebucht. Allerdings liegt Neapel zwischen zwei Vulkanen, wie wir jetzt festgestellt haben, und wer sich vom einen entfernt, nähert sich dem anderen. Wir sind also vom Regen in die Traufe gekommen bzw, wie das italienische Sprichwort passender sagt: von der Pfanne in die Glut gefallen. (Cadere dalla padella nella brace)
Wir werden nämlich im Einflussbereich der phlegräischen Felder wohnen. Diese Felder kannten wir vorher nicht, aber langsam dämmert uns, warum unsere Unterkunft so günstig ist. Phlegräisch ist das Gegenteil von phlegmatisch. Die Felder sind immer aktiv, und mit mehreren gut gefüllten Magma-Kammern dicht unter der Erdoberfläche gelten sie als Europas größter Super-Vulkan.
Korinna
Meine Adoptivtante*, Korinna Rahls Frisius, Schauspielerin, Sängerin und älteste Dirigentin** Deutschlands, ist im Januar mit 91 Jahren gestorben
* beidseitige Adoption nach Paragraph 33 % Simulatio ben trovato
** siehe den Film “Dirigentin” von Anne Frisius, https://cooperativa-film.de/persoenliches-queeres-und-filmpoesie/
Ein roter Haarschopf wie ein wildes Pferd, und von Flausen zerzaust leuchteten die fliegenden Teppiche deiner täglichen Gedichte, samt und sonders unbotmäßig. Voller Neugier auf das, was hinter den Konventionen wohnt, warst du vielbewundert, wenn auch oft nur heimlich, für deine herzlich unbekümmerten Tabubrüche.
Kunst war dir so selbstverständlich wie Wasser, und im Güterverkehr des Theater- und Filmbetriebs gerietst du nicht von ungefähr aufs Abstellgleis. Oft genug wurde dir das Rampenlicht ausgedreht und im Dunkeln musstest du deine Kreise drehen, und deinen eigenen Ausgang finden, ein unbeirrtes Weiterstreben.
Deine Reden, stets daneben, bis sie den Punkt trafen. Du hast im Alltag das All gesehen, und die Alchemie genutzt; deine Vokabeln waren immer überraschend verkabelt. Du kamst vom Hundertsten zum Untergang des Überblicks, als Seglerin, die nie hielt, was der Fahrplan versprach, er versprach sich eben, und das Sprechen war dir ein Sternenhimmel, es blinkte hier und dort und überall fandest du ein Wort und einen Reim darauf überraschend wie Urknall-Elektronenschwärme.
Und mit 60? Dirigentin! Du hast Karlsruhe nicht in Ruhe gelassen, sondern 27 Jahre lang mit deinem Orchester belebt. Wieder warst du blamabel, eine Blamage für alle, die wussten, dass sich so etwas nicht gehört, aber deine Auftritte haben alle in den Schatten gestellt.
Du bist nie auf dem Teppich geblieben. Bis zuletzt hast du gesungen und gedichtet, und das Wiesel durch den Lattenzaun schlüpfen lassen. Du hast dich nicht abhalten lassen, und weiter dirigiert nach deinem Gehör fürs Unerhörte, und bleibst mir darin die nächste Verwandte.
Photonachweis Jasemin Alt, Anne Frisius
Hosen kaufen mit Rosetta
Heute kommt Rosetta. Meine Rosetta. ROSE und Tee Tee Ah!
Ich darf drei Kannen Tee am Tag, morgens, nachmittags, abends. Tee ist toll. Schwarzer Tee, Milch, viel Milch, Zucker, Zucker, nochmal Zucker. Ich liebe Tee. Ich liebe Rosetta.
Die Tür geht auf! Rosetta kommt. Ich laufe, winke, sie winkt zurück, geht ins Büro. Immer geht sie ins Büro. Sie stellt ihren Rucksack auf den Boden, hängt ihre Jacke an den Haken. Eine blaue Jacke hat sie. Ich ziehe sie gerne an. “Nein, Matilda”, sagt Rosetta und zieht mir die Jacke wieder aus.
Ich warte vorm Büro. Rosetta fragt Peter: “Was war heute los?”
“Helga war sehr unruhig morgens, sie haben ihr Tropfen gegeben. Der Hausmeister hat geflucht, als er das Klo entstopft hat. Da war ein Nagelknipser drin, und die Zahnspange von Robert.”
“Oh nein. Da ist sie also gelandet.”
“Achso, und die Brille von Maria ist verbogen. Da muss gleich jemand mit ihr zum Optiker, so kann sie die nicht mehr aufsetzen und ich glaube, ohne Brille sieht sie nicht mal mehr ihre Kaffeetasse.“
Brille. Maria. Die Brille von Maria hat zwei dicke Scheiben Glas, ganz glatt. Aber ich soll sie nicht streicheln. Ich hab eine Kette mit großen Gläsern, streichelglatt. Ich kann meine Kette Rosetta zeigen!
Ich gehe zu meinem Alleine-Zimmer. Der Schlüssel dreht sich im Schlüsselloch, er sagt: “Auf, auf”. Früher war mein Zimmer größer und wir hatten alle unsere Betten darin. Es gab keinen Schlüssel. Und keinen Tee, nur Kaffee. Wenn ich Tee wollte, wenn ich irgendetwas wollte, wurde ich aufs Bett gebunden, an Händen und Füßen. Manchmal lag einer auf mir drauf, ganz schwer und mit Stößen, so weh, es hat viele Schmerzen gemacht, verdammt.
Der Schrank hat auch weh getan, als er kaputt ging. Wie ich wütend war, weil mein Geburtstag nicht kam. Immer hieß es: noch nicht! Und ich dachte: jetzt muss doch mal Geburtstag sein! Ich warte schon so lange. Und da hab ich auf den Schrank draufgehauen. Der Schrank war schwach; er war nur Knäckebrot, aber dann hatte er Messer und ich hab geblutet und es tat weh. Blut tut immer weh. Und niemand hat mich getröstet, alle sind weit weg geblieben.
Jetzt habe ich einen neuen Schrank. An der Seite hängen meine Ketten und ich nehme die mit den Streichel-Gläsern. “Zu, zu”, sagt der Schlüssel. Ich laufe mit der Kette zu Rosetta.
Rosetta? Wo ist Rosetta?
“Sie ist mit Maria zum Brille reparieren gefahren.“
Immer fährt sie mit anderen weg. Das soll sie nicht! Da steht der Kurze. Ich haue ihm auf den Kopf. Er rührt sich nicht, schaut nur blöd. Ich haue fester. Da geht er.
Ich wohne in einem Wohnheim für Bekloppte. Rosetta sagt, es heißt nicht so, aber wenn Helga, Heinz und ich morgens im Hof auf den blauen Bus warten, schreien die Jungs hinterm Zaun: “Da sind wieder die Bekloppten.” Wir sind 14 Bekloppte, und wir haben immer Besuch. Wenn die einen gehen, kommen die anderen.
Ich warte immer auf Rosetta. Ich darf sie nicht besuchen. Sie ist nicht meine Freundin, sagt sie, sie ist meine Betreuerin. Sie ist mir treu. Ich möchte meinen Kopf an ihre Brust legen, ins Weiche. Ich möchte sie küssen. Ich möchte Rosetta mit ins Bett nehmen. Ich möchte mit ihr Hosen kaufen.
Alle fünf Hefte im Überblick
Eine neue Briefträgerin
Radikales Infragestellen von Arbeitsstrukturen und die bewegende Geschichte eines roten Briefes … die Briefträgerin mit den gloriosen Ideen hat es in sich!
Aus der Rezension von Gert Uwe Postel, Zahnarzt, Amtsarzt und erfolgreicher Hochstapler
Leseprobe:
Um den Einstieg in die Verrentung sanft zu gestalten, hat unsere Briefträgerin einen neuen Arbeitsmodus eingeführt: “Kürzertreten!”. Mittwoch und Samstag trägt sie die Briefe und Päckchen nicht wie gewohnt aus, sondern nur bis in ihre Wohnung; und wir können sie dort abholen. “Jahrelang habe ich euch besucht, jetzt machen wir es mal umgekehrt.”
Ursprünglich hatte sie in ihrem Flur einen Empfangsbereich eingerichtet, wo sie jede Person begrüßt und ihr die Sendungen überreicht hat. Mittlerweile liegt sie auf dem Sofa und deutet nur noch auf den Stapel, in dem sich das Gewünschte befindet. “Ich gewöhne mich immer besser an meine Rentenzeit”, meint sie.
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Ein Heft mit Wortwechsel
Denkanstöße im Treppenhaus … von der freundlich-listigen Möglichkeit, einen Streit zu schlichten, bevor er begonnen hat
Aus der Rezension von Laura Parola, zukünftige berühmte Preisträgerin, die auch schon oft verwechselt wurde
Leseprobe:
Vor meiner Wohnungstür tut sich etwas. Ich höre Stimmen. Da stimmt was nicht. Ich wollte gerade einkaufen gehen, habe die Schuhe schon an, die Jacke auch und den Rucksack voller leerer Flaschen auf dem Rücken. Jetzt traue ich mich nicht, raus zu gehen. Ein Blick durch den Spion zeigt mir den Nachbarn von oben, Herrn Konf, mit dem Rücken zu mir, im Gespräch mit den neuen Nachbarn gegenüber, die vorige Woche eingezogen sind, und deutlich kleiner sind als er.
“Die Schuhe …”, beginnt Herr Konf. Circa 10 Paar Schuhe vor der Tür der Zabadanis sind im Treppenhaus der einzige Hinweis darauf, dass hinter den Türen Menschen leben. Aber schon das kann zu viel sein.
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