Für die Bremer*innen
Ich gehe gerade an einem Spielplatz vorbei, da klingelt mein Handy. Antonella. Wir plaudern, streiten ein bisschen und vertragen uns gleich wieder, in der Vertrautheit und mit der Gekonntheit, die eine zweijährige Ex-Fernbeziehung mit sich bringt. Wir verabschieden uns herzlich, mit ausgesprochenen Küssen und Umarmungen: “Ciao, cara, baci e abbracci!“
Als ich mein Handy in die Tasche stecke, kommt eine Frau auf mich zu geschossen: “War das Italienisch, was Sie da gerade gesprochen haben?” “Ja” “Sind Sie Italienerin?” Ich könnte jetzt “Ja” sagen, oder “Nein”, “Halb” oder sogar “Ein Drittel”, und jede dieser Antworten hätte ihre Berechtigung. Oder auch nicht. Weil es eine Zuordnung ist, an der prinzipiell etwas nicht stimmt. Eine Identitätsfrage anhand von unlauteren Kriterien. Die einzige Nation, der ich mich zugehörig fühle, ist die Kombi-Nation. Weil ich das aber jetzt nicht mit der Frau diskutieren möchte, nenne ich eine Tatsache: “Ich habe die italienische Staatsbürgerschaft.”
“Großartig! Sind Sie an einem Job interessiert? Kinderbetreuung?” Interessiert ist das falsche Wort. Ich brauche dringend einen Job. Aber Kinderbetreuung? Was macht man da? Ein zögerndes “Ja” löst einen Redeschwall aus, dem ich entnehme, dass ich engagiert bin. Wahrscheinlich sollte ich mich freuen. Es ist gut bezahlt. Wenn keine Kinder dabei wären, würde ich mich wohler fühlen. Und warum hat sie mich als erstes nach meiner Nationalität gefragt?
Dann kommt es raus: “Sie brauchen nicht viel zu tun. Nur die ganze Zeit Italienisch mit ihnen sprechen.” “Warum das denn?” Womöglich hat sie die Kinder in Italien gekidnappt und weiß jetzt nicht, wie sie sich mit ihnen unterhalten soll.