Ein Heft mit Wortwechsel

2 Rohre sehen in verschiedene Richtungen


Denk­an­stö­ße im Trep­pen­haus … von der freund­lich-lis­ti­gen Mög­lich­keit, einen Streit zu schlich­ten, bevor er begon­nen hat
Aus der Rezen­si­on von Lau­ra Paro­la, zukünf­ti­ge berühm­te Preis­trä­ge­rin, die auch schon oft ver­wech­selt wurde

Lese­pro­be:

Vor mei­ner Woh­nungs­tür tut sich etwas. Ich höre Stim­men. Da stimmt was nicht. Ich woll­te gera­de ein­kau­fen gehen, habe die Schu­he schon an, die Jacke auch und den Ruck­sack vol­ler lee­rer Fla­schen auf dem Rücken. Jetzt traue ich mich nicht, raus zu gehen. Ein Blick durch den Spi­on zeigt mir den Nach­barn von oben, Herrn Konf, mit dem Rücken zu mir, im Gespräch mit den neu­en Nach­barn gegen­über, die vori­ge Woche ein­ge­zo­gen sind, und deut­lich klei­ner sind als er.

“Die Schu­he …”, beginnt Herr Konf. Cir­ca 10 Paar Schu­he vor der Tür der Zabad­a­nis sind im Trep­pen­haus der ein­zi­ge Hin­weis dar­auf, dass hin­ter den Türen Men­schen leben. Aber schon das kann zu viel sein.


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Zweisprachig

Zwei Hagebutten, eine schwarz eine rot, auf einem Ast, der mit gelben Flechten bedeckt ist

Für die Bremer*innen
Ich gehe gera­de an einem Spiel­platz vor­bei, da klin­gelt mein Han­dy. Anto­nella. Wir plau­dern, strei­ten ein biss­chen und ver­tra­gen uns gleich wie­der, in der Ver­traut­heit und mit der Gekonnt­heit, die eine zwei­jäh­ri­ge Ex-Fern­be­zie­hung mit sich bringt. Wir ver­ab­schie­den uns herz­lich, mit aus­ge­spro­che­nen Küs­sen und Umar­mun­gen: “Ciao, cara, baci e abbrac­ci!“
Als ich mein Han­dy in die Tasche ste­cke, kommt eine Frau auf mich zu geschos­sen: “War das Ita­lie­nisch, was Sie da gera­de gespro­chen haben?” “Ja” “Sind Sie Ita­lie­ne­rin?” Ich könn­te jetzt “Ja” sagen, oder “Nein”, “Halb” oder sogar “Ein Drit­tel”, und jede die­ser Ant­wor­ten hät­te ihre Berech­ti­gung. Oder auch nicht. Weil es eine Zuord­nung ist, an der prin­zi­pi­ell etwas nicht stimmt. Eine Iden­ti­täts­fra­ge anhand von unlau­te­ren Kri­te­ri­en. Die ein­zi­ge Nati­on, der ich mich zuge­hö­rig füh­le, ist die Kom­bi-Nati­on. Weil ich das aber jetzt nicht mit der Frau dis­ku­tie­ren möch­te, nen­ne ich eine Tat­sa­che: “Ich habe die ita­lie­ni­sche Staats­bür­ger­schaft.”
“Groß­ar­tig! Sind Sie an einem Job inter­es­siert? Kin­der­be­treu­ung?” Inter­es­siert ist das fal­sche Wort. Ich brau­che drin­gend einen Job. Aber Kin­der­be­treu­ung? Was macht man da? Ein zögern­des “Ja” löst einen Rede­schwall aus, dem ich ent­neh­me, dass ich enga­giert bin. Wahr­schein­lich soll­te ich mich freu­en. Es ist gut bezahlt. Wenn kei­ne Kin­der dabei wären, wür­de ich mich woh­ler füh­len. Und war­um hat sie mich als ers­tes nach mei­ner Natio­na­li­tät gefragt?
Dann kommt es raus: “Sie brau­chen nicht viel zu tun. Nur die gan­ze Zeit Ita­lie­nisch mit ihnen spre­chen.” “War­um das denn?” Womög­lich hat sie die Kin­der in Ita­li­en gekid­nappt und weiß jetzt nicht, wie sie sich mit ihnen unter­hal­ten soll.

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